AGES

 

 Catastrophes, menaces et risques naturels

Natur und Umwelt: Risiken, Gefahren und Katastrophen

 

Congrès de l'AGES  -  10-12 juin 2021  -  MSH Clermont-Ferrand

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Lässt sich das Virus an der Staatsgrenze aufhalten? Der Diskurs über die Schließung der deutsch-französischen Grenze während der Corona-Pandemie 2020.
Leslie Brückner  1  
1 : Centre d\'études germaniques interculturelles de Lorraine
Université de Lorraine : EA3944

Die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 war eine Naturkatastrophe: ein plötzlich auftretendes Naturereignis führte eine „Extremsituation“ herbei, in der es vielen Gesellschaften weltweit nur mit großer Anstrengung gelang, „die normalen Lebensprozesse aufrecht zu erhalten“.1 Betrachtet man die europäischen Reaktionen auf die Corona-Pandemie fällt auf, dass die Maßnahmen zur Bewältigung der Krise vor allem auf nationaler Ebene erfolgten. Innerhalb weniger Tage wurden im März 2020 die europäischen Binnengrenzen wieder zu nationalen Außengrenzen mit strengen Grenzkontrollen. Dieser Zustand, wenngleich vorübergehend, wirft einige Fragen auf. Welche gesellschaftlichen Strukturen werden anhand der Katastrophe deutlich? Folgt auf die Corona-Pandemie eine Re-Nationalisierung der Politik in Europa?2

Im folgenden Beitrag sollen die politischen und medialen Diskurse über die Schließung der deutsch-französischen Grenze genauer untersucht werden. Das Corpus der Untersuchung bilden die Reden der deutschen und französischen Spitzenpolitiker sowie die medialen Debatten in Deutschland und Frankreich zu zwei Zeitpunkten: der Einführung der Grenzkontrollen am 15. März 2020 und der progressiven Öffnung der Grenze im Mai/Juni 2020.

Zunächst sollen die politischen Argumentationslinien nachverfolgt werden: Wie werden die Grenzkontrollen auf beiden Seiten des Rheins gerechtfertigt? Wird das gesundheitliche Risiko instrumentalisiert um einer nationalen Politik Vorschub zu leisten? Wie wird in der Debatte auf das Nachbarland und auf Europa Bezug genommen?

Anlass zur Schließung der deutsch-französischen Grenze am 15.3. 2020 war die Einstufung des Elsass als Risikogebiet durch das Robert-Koch-Institut3 Dieser Abschnitt der Grenze steht daher im Fokus der Untersuchung. Dabei ist auch der regionale Aspekt relevant: Wie wird in den regionalen Medien im Elsass und am Oberrhein über die Grenzschließung debattiert? Wie werden Vorfälle der Diskriminierung von Deutschen/Franzosen auf der anderen Seite der Grenze kommentiert?

Schließlich erscheint ein Vergleich der regionalen Politik der einzelnen deutschen Bundesländer an den verschiedenen deutschen Außengrenzen interessant: die Debatte über die deutsch-französische Grenze (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland) soll mit der Politik an den Grenzen nach Belgien und den Niederlanden, die zur gleichen Zeit weitgehend geöffnet blieben, sowie mit den besonders strengen Anordnungen in Bayern (u.a. wegen der Nähe zu Italien) verglichen werden.

 

1 Vgl. dazu die Definition der Katastrophe von Johannes RICHERT, Leiter des Bereichs Nationale Hilfsgesellschaften, Deutsches Rotes Kreuz, in: Tagungsbericht Katastrophen – Catastrophes. 04.05.2011–06.05.2011, Freiburg im Breisgau, in: H-Soz-Kult 07.06.2011, S. 2.

2 Vgl. die Thesen zur Stärkung der nationalen Identität der Schweiz durch das Katastrophenmanagement in Utz, Peter: Kultivierung der Katastrophe. Literarische Untergangsszenarien aus der Schweiz. München 2013.

3 Vgl. Rede des deutschen Innenministers Horst Seehofer vom 15. 3. 2020.


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